Es
gibt Menschen, die eine vollständige Adresse inklusive Handynummer in
das Kästchen eines Rechenblattes schreiben können. Vergleichbare
Fähigkeiten muss auch der ansonsten unbekannte Schreiber des Psalteriums
des heiligen Rupert besessen haben: Der Schriftspiegel misst gerade mal
3,3 x 2,5 cm und enthält dennoch 18 Zeilen in karolingischer Minuskel.
Und trotz des winzigen Formates finden sich gelegentlich Goldschrift auf
Purpurhintergrund, goldene Initialen zu drei Psalmen sowie die übliche
Beatus-vir-Initiale. Sein transportables Format lässt neben reichen
Gebrauchsspuren darauf schließen, dass dieses besondere Kleinod täglich
verwendet wurde. Zwar ließ sich die Verbindung des Codex zum hl. Rupert
bislang nicht ganz klären. Aber es ist davon auszugehen, dass der Codex
mit der Frühzeit der Christianisierung des deutschen Sprachraums in
Verbindung steht. In jedem Fall kommt ihm derzeit der Rang des weltweit
kleinsten Faksimiles zu.
Ein einzigartiges karolingisches Kleinod
Wie
klein kann ein Buch wohl sein, dass man darin noch lesen kann? Heute,
im Zeitalter computerunterstützter Drucktechnik, ist die Herstellung
eines solchen Werkes keine große Sache mehr. Aber stellen Sie sich vor,
Sie sollen auf Seiten, die kleiner sind als eine Zündholzschachtel, mit
Ihren Händen einen lesbaren Text schreiben! Eine derartige Aufgabe
scheint uns heutzutage fast unmöglich. Dennoch finden sich in den
Beständen einiger Bibliotheken Codices, deren Format unvorstellbar klein
ist: Eine dieser kostbaren Seltenheiten ist das Psalterium Sancti
Ruperti aus der Bibliothek des Stiftes St. Peter in Salzburg.
Die Kleinheit dieses einzigartigen Codex ist schlichtweg atemberaubend:
Die Seiten haben eine Größe von 37 x 31 mm – der Schriftspiegel misst
gerade 33 x 25 mm und enthält 18 Zeilen. Die ausgezeichnete Lesbarkeit
des Textes bei einer Schriftgröße von 1,5 mm und einem Zeilenabstand von
maximal 1,2 mm bezeugt die Meisterleistung des unbekannten Schreibers.
Wurzeln bis ins 7. Jahrhundert
Die
Handschrift wurde im dritten Viertel des 9. Jh.s, vermutlich in
Nordost-Frankreich, geschrieben. Der Besitzvermerk »Manuale psalterii
sancti Rudberti episcopi« auf der ersten Seite des Codex aus dem 15.
Jahrhundert ist der älteste Beweis dafür, dass die Handschrift im Besitz
von St. Peter in Salzburg war. Dieses heute älteste Kloster des
deutschsprachigen Raumes wurde vom heiligen Rupert im Jahr 696
übernommen – inwieweit unser Psalterium Sancti Ruperti auf den großen
Heiligen direkt zurückzuführen ist, kann bis heute nicht genau
festgestellt werden. Dennoch erlaubt es uns diese einzigartige
Handschrift, bis in die Frühzeit der Christianisierung des
Nordalpenraumes zurück zu sehen.
Höchste Kunstfertigkeit auf kleinstem Raum – die Ausstattung
Auf
fol. 2r stellt das Autorenbild König Davd mit einer Winkelharfe
(möglicherweise einem Psalterium) dar. Natürlich fehlt auch in diesem
karolingischen Psalter nicht die Beatus vir-Initiale sowie ein mit
Goldtinte auf Purpurgrund geschriebenes Incipit zum Psalter. Rubrizierte
Überschriften in Capitalis Rustica und goldene Kapitalbuchstaben machen
die Psalm- und Versanfänge erkennbar – einzelne Partien des Textes in
Goldschrift auf Purpurhintergrund und goldene Initialen zu den Psalmen
1, 51 und 101 lassen den Auftraggeber dieser Handschrift im kaiserlichen
Umfeld vermuten. Der Textcorpus wurde in karolingischer Minuskel
niedergeschrieben.
Eine seltene Bindung – einzigartig im Mittelalter
Eine
buchbinderische Besonderheit ist der offene Rücken des Codex, wodurch
die beiden Bünde mit den Heftnähten und die beiden Kapitale sichtbar
werden. Diese seltene Bindung stammt aus dem Spätmittelalter. Es wurde
bisher kein zweiter frühmittelalterlicher Codex in dieser Ausstattung
gefunden; so wird dieser Psalter zu einem Unikum der Buchherstellung des
9. Jahrhunderts.
Eröffnet
wird die kleinformatige Handschrift mit zwei Vorreden: der Einleitung
des hl. Hieronymus zur Ausgabe seines Gallicanum und dem Prolog »Origo
prophetiae regis David« zur Entstehung der Psalmen. Mehrere Indizien
sprechen dafür, dass dieser winzige Psalter benutzt – und nicht als
Statussymbol angefertigt wurde: Zahlreiche Gebrauchsspuren beweisen die
oftmalige Verwendung. Es ist gut denkbar, dass der Besitzer diesen als
Andachtsbüchlein konzipierten Miniaturpsalter immer bei sich tragen
wollte.
Um
den Anforderungen einer originalgetreuen Reproduktion zu entsprechen,
mussten Arbeitsgänge neu überdacht und aufwendige Adaptionen für die
Aufnahmetechnik entwickelt werden. Der Umgang mit den kleinen Blättern
und Buchdeckeln stellt vor allem für die Bindung des Psalteriums eine
besondere Herausforderung dar. In einer speziell angefertigten Heftlade
näht der Buchbinder mit größter Sorgfalt Lage um Lage an die beiden
Bünde zu dem kleinen Buchblock zusammen. Das Anbringen der beiden
Holzdeckel ist Millimeterarbeit, bei der höchste Konzentration und
jahrelange Erfahrung in der Buchbinderei die wesentlichsten
Voraussetzungen sind. Als Ergebnis dieser professionellen Arbeit können
wir Ihnen die derzeit kleinste Faksimile-Ausgabe der Welt präsentieren,
die für jeden Faksimilesammler und Buchliebhaber eine Rarität ist und
nur in einer einzigen Auflage von weltweit 980 Exemplaren aufgelegt
wird
Die
Faksimilierung dieser Handschrift soll ein wichtiges Zeugnis unseres
kulturellen Erbes aus der Abgeschiedenheit der Bibliothek, in der es nur
wenigen Wissenschaftlern zugänglich ist, einem breiteren Kreis von
Buchliebhabern, von kunsthistorisch und geschichtlich Interessierten
erschließen. Die bis ins kleinste Detail originalgetreue
Faksimile-Ausgabe bietet einen vollwertigen Ersatz für die
Originalhandschrift und damit einen unverfälschten Einblick in die
Ästhetik und Geisteswelt des frühen Mittelalters.