Als
einer der mächtigsten Kirchenfürsten der Reformation gab Kardinal
Albrecht von Brandenburg (1490–1545) ein 200 Seiten umfassendes
Gebetbuch in Auftrag, welches zwischen 1536 und 1537 in Nürnberg und
Halle entstand und die Heilsgeschichte von der Verkündigung an Maria bis
zur Grablegung Christi thematisiert. Mit 42 ganzseitigen Miniaturen des Illuminators Gabriel Glockendon und 73 ornamentalen Initialen des Schreibers Georg Stierlein zieht die herrliche Handschrift den Betrachter in ihren Bann. Ausgesprochen modern ist der manieristische Stil mit seinem Trend zu verspielten Details in Gewändern und Architektur, aber auch in stimmungsvollen Landschaften mit einsamen Flüssen und gewagten Felsformationen.
Gabriel Glockendon: Gebetbuch für Kardinal Albrecht von Brandenburg
Zwischen 1536 und 1537 entstand in Nürnberg und Halle ein pompöses Gebetbuch für Albrecht von Brandenburg (1490–1545), einem der mächtigsten Kirchenfürsten der Reformation. Die 200-seitige Pergamenthandschrift entstand aus der Zusammenarbeit von dem Illuminator Gabriel Glockendron (um 1515-nach 1585) und dem Schreiber Georg Stierlein und überzeugt mit 42 ganzseitigen Miniaturen, herrlichem Randdekor und 73 ornamentalen Initialen. Insgesamt laden fünf mitreißende Darstellungen der Passion den Betrachter zur Meditation über das Leiden Christi ein, das sich in ausdrucksstarken Szenen präsentiert.
Künstler von hohem Rang
Nur sehr wenige Dokumente geben uns heute Auskunft über das Leben des Gabriel Glockendon, dem Sohn des berühmten Nürnberger Buchmalers Nikolaus Glockendon (um 1490/95–1533/34). Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass er nach dem Ableben seines Vaters dessen Werkstatt übernahm. Als ein leidenschaftlicher Sammler und Förderer der Künste ließ Albrecht von Brandenburg Georg Stierlein für sich in Halle arbeiten und hatte somit seinen eigenen Schreiber.
Einzigartige Ausstattung trifft raffiniertes Layout
Die Heilsgeschichte von der Verkündigung an Maria bis zur Grablegung Christi findet sich in äußerst ideenreichen Miniaturen wieder. Deutlich zu erkennen ist dabei Glockendons Hang zum manieristischen Stil, der in den zahlreichen Details zum Ausdruck kommt. So sind nicht nur die Kleidungsstücke der Figuren mit aufwändigen Borten und Verzierungen versehen, sondern auch die Architektur ist verblüffend ausgearbeitet. Als Handlungsort dienen stimmungsvolle Landschaften mit kahlen Bäumen, fantastischen Burganlagen und imposanten Bergen. Als sei diese Hauptszene nicht vielfältig genug, ergänzt sie der Maler durch eine weitere, nicht weniger umfangreiche, typologische Szene im Hintergrund.
Dieses kreative Layout mit einer weiteren Darstellung auf der
Randleiste macht das Gebetbuch zu einem einzigartigen Meisterwerk der
Buchmalerei.
Inspiration von Vergangenem
Kardinal
Albrecht von Brandenburg muss diesen Text so sehr bewundert haben, dass
er ihn nicht nur einmal in Auftrag gab. Tatsächlich gibt es zwei ältere Handschriften, deren Text- und Miniaturprogramm identisch mit dem von Glockendon und Stierlein
ist. Es handelt sich dabei um ein Manuskript von Simon Bening (um
1483–1561), das um 1525/50 entstanden ist und um ein weiteres von
Nikolaus Glockendon von 1533/34. Als Grundlage für alle drei Arbeiten
diente ein 1521 in Augsburg gedrucktes deutsches Gebetbuch, das eine
Übersetzung der „Orationes et meditationes de vita christi“ von Thomas
von Kempen (um1380–1471) enthält.