Diese
schillernde Bildgeschichte des burgundischen Herzogtums entstand wohl
zwischen 1485 und 1490 und war als Lehrbuch für Philipp den Schönen
(1478–1506) gedacht. Der zukünftige Herzog von Burgund und der erste
Habsburger, der in Spanien König wurde, sollte anhand der prachtvollen
Portraits seiner Vorfahren die Bedeutung seiner Familie erlernen. Zum
besseren Verständnis gab es zu den elf ganzseitigen Miniaturen und den
zahlreichen größeren und kleineren Initialen kurze Textpassagen, welche
die notwendigen Erklärungen lieferten. Der dekorative und
ausdrucksstarke Buchschmuck stammt von dem sogenannten Meister der
Trivialen Köpfe, der als Assistent des berühmten Meister Edward IV. in
Brügge eine florierende Werkstatt betrieb.
Die Flämische Bilderchronik Philipp des Schönen
Eines der wenigen illuminierten Kinderbücher entstand etwa zwischen 1485 und 1490 im belgischen Brügge. Die farbenprächtige
Bildgeschichte des burgundischen Herzogtums mit kurzen Textpassagen
entstand als Lehrbuch für den damals wohl sieben-jährigen Philipp den
Schönen (1478–1506). Er sollte später als erster Habsburger
König von Spanien werden und über die Königreiche Kastilien und León
herrschen. Die lebendigen und bunten Bilder der 30-seitigen Handschrift führten ihm schon früh die Bedeutung seiner Familien vor Augen. Den Auftakt für die elf ganzseitigen Miniaturen und zahlreichen größeren und kleineren Initialen gibt ein Portrait vom Autor des Textes, bei dem es sich vermutlich um Philipps Lehrer, den Chronisten und Dichter, Olivier de la Marche handelt.
Herzogliche Miniaturen
Inhaltlich behandelt die Handschrift die Zeitspanne vom 14. Jahrhundert bis zu den Jahren nach 1482. Anzutreffen sind dabei nicht nur pompöse
Portraits von legendären Königen wie Stephanus von Burgund (1065–1102),
von historischen Figuren wie Karl der Große, oder von Maria Magdalena,
die den ersten burgundischen König taufte. Zu diesen Bildnissen gesellen sich zahlreiche anschauliche Szenen, die sich vor einer Kulisse aus imposanten Stadtarchitekturen und weitläufigen Flusslandschaften abspielen.
Ein Meisterwerk der Genter-Brügger Schule
Die
wohlhabenden Handelsstädte von Flandern zogen viele Künstler und
Miniaturmaler an, sodass in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts
hochtalentierte Maler in Brügge und Gent arbeiteten. Im Umfeld dieser
sogenannten Genter-Brügger Schule, welche die künstlerische Szene
dominierte, betrieb der Meister der Trivialen Köpfe als Assistent des Meisters Edward IV. eine blühende Werkstatt in Brügge. Er ist der Verantwortliche für die herrlichen fantasievollen Miniaturen der Bilderchronik von Philipp dem Schönen.
Prunkvolle Chronik für schlechte Zeiten
Bei solch leuchtenden Darstellungen kommt man kaum auf die Idee, dass sich die Herzöge von Burgund in der Zeit ihrer Entstehung bereits in der Periode des Niederganges befanden und sich die Jahre des Prunkes zurücksehnten, die sie so mannigfaltig abbilden lassen. Innerhalb nur eines Jahrhunderts erschufen sie ihr Herzogtum, das plötzlich mit dem Tod von Karl dem Kühnen im Jahr 1477 enden sollte.