Johann II., Pfalzgraf von Simmern (1492–1557), war ein mächtiger Adeliger, der auch ein begeisterter Mäzen der Künste, der unter anderem Bildhauerei förderte und die Einführung des Buchdrucks in Simmern ermöglichte. Gleichwohl gab er eine der letzten wirklich meisterhaften Bilderhandschriften als Geschenk für seinen jüngsten Sohn in Auftrag, die um 1532/33 entstand. Der Text konzentriert sich in erster Linie auf die biblische Geschichte von David und Bathseba und schildert die Ereignisse vom Sündenfall des israelitischen Königs bis zu seiner Erlösung durch Reue. Er wird von 9 großen Miniaturen geschmückt, von denen einige eine ganze Seite einnehmen, sowie von 19 kunstvollen Initialen, darunter eine historisierte. Die alttestamentliche Geschichte wird in die Renaissance überführt, indem die Figuren in der Mode des 16. Jahrhunderts gekleidet sind und die Szenen in zeitgenössischer Architektur angesiedelt werden. Entworfen und illuminiert wurde die prächtige Handschrift von Albrecht Glockendon, einem Abkömmling einer wichtigen Nürnberger Künstlerdynastie.
Bußgebetbuch von Albrecht Glockendon für Johann II. von Pfalz-Simmern
Das Bußgebetbuch des einflussreichen Pfalzgrafen Johann II. bietet ein Beispiel für die letzte Hochzeit der Buchmalerei kurz vor dem Aufkommen des Buchdrucks. Es stammt aus der Hand von Albrecht Glockendon, einem Nürnberger Miniaturist und Buchdrucker der Dürerzeit aus einer bekannten Künstlerfamilie. Die beindruckenden Miniaturen behandeln das alttestamentliche Thema des Sünders und Büßers David.
Demütige Bußfrömmigkeit in leuchtenden Bildern
Auf 26 prächtig gestalteten Blättern beinhaltet das private Gebetbüchlein neun ganzseitige Miniaturen, die die Bußpsalmen und Gebete illustrieren. Den Inhalt der Illustrationen bildet die im Mittelalter exemplarische und jedem geläufige Geschichte von David und Bathseba aus dem Alten Testament. Es wird erzählt, wie David durch Sünde und Schuld tief sinkt und dann durch Buße vor Gott wieder an Ansehen gewinnt. Das Davidsthema wurde für die Illustrationen ausgewählt, weil er zum einen als Autor der (Buß-)Psalmen gilt, zum anderen mit seiner Geschichte eindringlich verdeutlicht, wie es auch dem betenden Leser ergehen kann.
Diese unglaublich fesselnde Geschichte wird vom Künstler in die zeitgenössische Alltagswelt des 16. Jahrhunderts eingebettet, was spannende Entdeckungen bietet. Besonders hervorzuheben ist die Darstellung der von der Renaissance geprägten bunten Mode, die in leuchtenden Farben die einzelnen Szenen dominiert. Die Szene von Bathseba im Bade beispielsweise trumpft auf mit einer in leuchtendes Orange und einer mit einem ausladenden Federhut gekleideten Hofdame. Auch die Architekturdarstellungen, die oft den Hintergrund einnehmen, wissen zu begeistern.
Neben den Miniaturen sind jedoch auch die einzelnen Textseiten des Bußgebetbuchs von höchster Kunstfertigkeit geprägt, was auch durch die teilweise sogar vergoldete Schrift zum Ausdruck kommt. Ebenso wie die Hauptbilder sind auch die ornamentalen Blattranken in den leuchtendsten Farben gemalt.
Ein populärer Pfalzgraf und Kunstliebhaber
In Auftrag gegeben wurde das Bußgebetbuch von Johann II. von Pfalz-Simmern, den politisch erfolgreichen und einflussreichen Pfalzgrafen, der sowohl beste Beziehungen bis zu Kaiser Karl V. unterhielt als auch von seinen Zeitgenossen in den höchsten Tönen gelobt wurde. Ein fortschrittlicher und aufgeschlossener Geist, war er auch als Kunstliebhaber und Mäzen bekannt. Als solcher wandte er sich an den Nürnberger Albrecht Glockendon, der als Geschenk für den jüngsten Sohn des Pfalzgrafen das Büchlein illuminieren sollte.
Der Künstler Albrecht Glockendon
Der Name Glockendon ist jedem ein Begriff, der sich mit der frühneuzeitlichen Kunstmetropole Nürnberg befasst. Seit Georg Glockendon der Ältere (gest. 1514) sich 1484 in der Stadt als Buchdrucker niederließ, waren er und seine Söhne und Nachkommen einflussreicher Bestandteil der Kunstlandschaft Nürnbergs. Der für Pfalzgraf Johann II. tätige Albrecht Glockendon war der Enkel dieses berühmten Georg Glockendon. Als Illuminist ging er so kurz vor der Erfindung des Buchdrucks und der damit verbundenen Umwälzung des Buchgewerbes einem auslaufenden Beruf nach. Doch bietet das Bußgebetbuch für den Pfalzgrafen, das als sein höchstgeschätztes Werk gilt, den besten Beweis, dass auch im 16. Jahrhundert noch große Künstler in diesem Bereich tätig waren und wahre Meisterleistungen vollbrachten.
- Alternativ-Titel
- Prayers of Repentance by Albrecht Glockendon for John II of Palatinate-Simmern
- Umfang / Format
- 52 Seiten / 13,8 × 9,9 cm
- Datum
- 1532/1533
- Schrift
- Nordgotische Textualis Formata Textualis Semiquadrata
- Buchschmuck
- 9 großformatigen Miniaturen und 19 Initialen, darunter eine historisierte Initiale
- Auftraggeber
- Johann II. von Pfalz-Simmern (1492–1557)
- Künstler / Schule
- Albrecht Glockendon der Jüngere (um 1500–45)