König
Franz I. von Frankreich (1494–1547) und seine Gemahlin Claude de France
(1499–1524) gelten als Auftraggeber dieses wahren Schatzes der
französischen Buchmalerei des frühen 16. Jahrhunderts. Heute in der
Spanischen Nationalbibliothek in Madrid aufbewahrt, präsentiert das
Evangeliar einen wunderbaren Bilderschmuck aus 18 ganzseitigen
Miniaturen und über 125 kleineren figürlichen Darstellungen.
Evangeliar des Charles d’Orléans, Graf von Angoulême
Vielfigurige
Szenen in wunderschönen Landschaften und komplex gestalteten Räumen,
qualitätvolle Malerei auf höchstem Niveau und ein breites Themenspektrum, alles eingebettet in aufwändige und goldglänzende Bordüren ganz im Stil der Zeit
– das sogenannte Evangeliar des Charles d’Orléans, Graf von Angoulême,
bietet alles, was eine herausragende Handschrift des frühen 16.
Jahrhunderts nur aufweisen kann!
Verbindungen zum französischen Königshaus
Heute
ist die Handschrift bekannt als das Evangeliar des Charles d´Orléans,
Graf von Angoulême. Es gab gleich zwei Adelige mit diesem Namen: zum
einen Charles d’Orléans (1459–1496), seit 1467 Graf von Angoulême, zum
anderen Charles de Valois-Angoulême, Duc d’Orléans (1522–1545). Dieser
war Enkel des Erstgenannten und der jüngste Sohn des Königs Franz I. von Frankreich und Claude de France,
welche die Handschrift wohl für ihren Sohn in Auftrag gaben. In den
überbordenden und äußerst prächtigen Zierrahmen der Handschrift – einem
Königspaar mehr als angemessen - taucht immer wieder das Wappen des französischen Königshauses auf: drei Lilien auf blauem Grund, und darüber die Krone.
Das beeindruckende Miniaturenprogramm
Prachtvolle Bordüren mit den vielfältigsten Renaissance-Ornamenten auf leuchtendem Goldgrund umrahmen beeindruckende Miniaturen zu den verschiedensten biblischen Erzählungen. Neben dem Leben Christi, dem Passionsgeschehen und zahlreichen Szenen mit Marien-Bezug kommen auch die wichtigsten christlichen Feste wie Pfingsten oder Allerheiligen
zur Darstellung. Außerdem findet sich unter den 18 ganzseitigen
Miniaturen eine Wurzel-Jesse-Darstellung und eine Darstellung der Zwölf
Apostel, und zahlreiche weitere kleinere Bibelszenen und
Heiligendarstellungen erweitern diese insgesamt über 140 Illustrationen – ein rundherum gelungenes Miniaturenprogramm für eine luxuriöse Andachtshandschrift!
Von Frankreich nach Spanien
Spätestens
seit dem 18. Jahrhundert befindet sich dieses prachtvolle Zeugnis der
französischen Buchmalerei aus dem frühen 16. Jahrhundert – im typischen,
stark flämisch beeinflussten Stil - in Spanien. Kardinal Francisco Javier Zelada y Rodríguez war einer ihrer Besitzer im Laufe der Zeit und vermutlich war er es, der die Handschrift in die Kathedrale von Toledo brachte.