Feinstes
Silber und mittelalterliche Buchmalerei – diese Kombination war auch
schon zu Zeiten des Mittelalters und der Renaissance äußerst attraktiv.
Niemand geringeres als Lorenzo de‘ Medici, genannt „der Prächtige“, lies
sich im 15. Jahrhundert einen beeindruckenden Codex anfertigen, der die
filigrane Kunst der Buchmalerei mit dem Wissen über die Rechenkunst und
den Handel in sich vereint. Der Besitz und Handel von Silber galt seit
jeher als Ausweis besonderen Wohlstands und wurde nicht nur von den
Medici sehr geschätzt. Noch heute nimmt das Edelmetall Silber eine
besondere Stellung ein und ist ähnlich begehrt wie die Buchmalerei des
Mittelalters.
Das silberne Duett
Das Traktat der Rechenkunst des Lorenzo I. de Medici, genannt der Prächtige, sollte als kostbares Lehrbuch für seinen Sohn Giovanni, den späteren Papst Leo X., dienen. Die Medici waren seit jeher im Bankwesen vorherrschend, und so sollte das Wissen zu Bank- und Rechnungswesen weitergegeben werden. Die prachtvoll ausgestattete Handschrift enthält ein Traktat der Arithmetik und Geometrie von Filippo Calandri, dem einige Tafeln mit dem Einmaleins ein- und mehrstelliger Zahlen vorangestellt sind. Diese Rechentafeln sind, wie die zahlreichen Miniaturen
im Text, überbordend mit Ornamenten, figürlichen Darstellungen und vor
allem immer wieder dem Wappen der Medici gestaltet. Alles glänzt in
kostbarstem Gold. So stellt diese Handschrift, deren Traktat 1491 in
Florenz als gedruckte Ausgabe erschien, ein einmaliges Luxus-Objekt dar, das seinen didaktischen Nutzen der künstlerischen Erscheinung unterordnet.
Berühmter Auftraggeber der Handschrift war Lorenzo I. de Medici (1449–1492), das berühmte Mitglied der einflussreichen Dynastie der Medici in Florenz und bekannter Förderer der Kunst.
Das Bankwesen ist mit den Medici unmittelbar verbunden. Sie begründeten
ein modernes Bankwesen, das von ihnen beherrscht wurde, und waren sogar
die Bankiers der Päpste. Lorenzos Sohn Giovanni, der spätere Papst Leo X.,
sollte mit der Handschrift zugleich mit dem Bank- und Rechenwesen
vertraut gemacht werden und eine humanistische Erziehung erfahren.
Auf den 100 Seiten der Handschrift im Format von 17 x 12 cm versammeln sich insgesamt 230 wunderbare Miniaturen. Neben den kunstvollen Initialen mit zierlichem Rankwerk und in leuchtenden Farben begeistern vor allem die ganzseitigen Rechentafeln.
Auf leuchtendem Rot, Blau oder Grün sind in goldener Schrift die
Zahlenreihen notiert. Diese gehen jedoch fast unter im Prunk der Seiten.
Aufgebaut wie ein Altar, mit einer Predella mit figürlichen
Darstellungen etwa von musizierenden Putten, zeigen sich die
Rechentafeln über und über mit Ornament geschmückt. Florales Rankwerk umgibt kleine Putten, und überall leuchtet das Wappen der Medici hervor.
Einige besondere Textseiten wurden ebenfalls auf diese überbordende
Weise gestaltet mit Rahmen mit vielfältigstem Ornament, klassischen
Formen und mythologischen Figuren. Neben diesen ganzseitigen
Darstellungen enthält der Text unzählige figürliche Illustrationen im Text,
die Alltagsszenen, Handwerker und Händler bei der Arbeit, aber auch
Ereignisse der Geschichte darstellen. Teilweise in perspektivischen
Räumen, tummeln sich hier die verschiedensten Figuren. Die
Randillustrationen präsentieren in didaktischer Absicht den Umgang mit Geld und Waren und auch die Probleme bei der Tätigkeit eines Kaufmanns, die im Text erwähnt werden.
Die Handschrift ist wohl in Florenz gegen Ende des 15. Jahrhunderts entstanden. Im Jahr 1491 wurde das
Traktat der Arithmetik und Geometrie des Filippo Calandri in Florenz gedruckt, mit einer Widmung für
Giuliano de Medici,
einen weiteren Sohn Lorenzos des Prächtigen. Die einzigartige
Handschrift-Ausgabe dieses Rechentraktats erscheint mit ihrer
umfangreichen bildlichen Ausstattung mehr wie ein
Luxus-Objekt
denn als praktisch genutztes Lehrbuch. In italienischer Sprache und mit
arabischen Ziffern ist die Handschrift mit dem mathematischen Traktat
ganz auf der Höhe der Zeit.