Ein
einzigartiges Meisterwerk von einem der größten Miniaturenmaler aller
Zeiten: Simon Bening. Diese 64 spektakulären Miniaturen wurden auf
Pergament gemalt, auf vier Tafeln aufgezogen und in einen vergoldeten
Holzrahmen gesetzt. Es ist nicht bekannt, wer diese Miniaturen in
Auftrag gegeben hat oder in welcher Form sie ursprünglich erscheinen
sollten. Tatsächlich ist vor dem 19. Jahrhundert auch nur wenig über die
Herkunft dieses geheimnisvollen Meisterwerks bekannt. Dennoch zählt es
zu den schönsten Werken der niederländischen Kunst des 16. Jahrhunderts
und zeichnet sich durch luftige Szenen von großer Intensität und
prächtigen Farben aus. Die Miniaturen bestehen fast ausschließlich aus
Nahaufnahmen voller ikonografischer Details, die die Personen und
Ereignisse hervorheben. Die Bilderzählung beginnt mit der Marienlegende,
umfasst das Leben Christi und endet mit den Darstellungen der
Himmelfahrt Mariens und des Jüngsten Gerichts.
Stein-Quadriptychon von Simon Bening
Von
der Hand des bedeutendsten Meisters der Buchmalerei des 16.
Jahrhunderts stammt eines der ungewöhnlichsten Kunstwerke dieser
Gattung. Der Brügger Miniaturist Simon Bening, dessen Werke heute allesamt zu den größten Schätzen der Buchkunst zählen, fertigte wohl um 1520 diese 64 Miniaturen,
die nicht in einem Buch gesammelt, sondern auf vier vergoldete
Holzrahmen verteilt aufgezogen sind. Die kleinformatigen und dabei
unglaublich eindrucksvollen Malereien zur Vita Christi zählen unumstritten zum Besten, was die hochgerühmte flandrische Kunst des 16. Jahrhunderts hervorbrachte.
Einer der größten Künstler seiner Zeit
Der Künstler des sogenannten Stein-Quadriptychons, Simon Bening, wurde schon zu Lebzeiten von Kunstkennern als der „beste Meister der Buchillustration in Europa“
gerühmt. Um 1483 in Gent geboren, erlernte er sein Handwerk in der
Tradition seiner Miniaturisten-Familie (sein Vater war sein Lehrer,
seine Tochter wiederum war als Hofmalerin am englischen Königshof tätig) und ging dann nach Brügge, wo seine Kunst große Berühmtheit erlangte. Er arbeitete für königliche Auftraggeber wie Karl V. und für Kunden aus den oberen Gesellschaftsschichten, deren Namen noch heute ein Begriff sind, z.B. für Kardinal Albrecht von Brandenburg.
Der unumstrittene Meister der Buchkunst des 16. Jahrhunderts in Europa
fertigte vor allem kostbare Stundenbücheraber, aber auch Genealogische
Tafeln, beispielsweise für die Königshäuser von Portugal und Spanien, oder kleine tragbare Altarbilder auf Pergament.
Ein einzigartiges Artefakt
Das
sogenannte Stein-Quadriptychon sticht aus dem Schaffen des Simon Bening
so wie aus der gesamten Kunstgeschichte heraus als in dieser Form
einzigartiges Kunstwerk. Insgesamt 64 Miniaturen im Format von 7,2 x 5,3
cm, auf Pergament gemalt, sind heute auf vier Bildtafel aufgezogen. Es
kann gemutmaßt werden, ob die einzelnen Blätter ursprünglich als Illustrationen für ein Andachtsbuch
gedacht waren oder lose in einem Album gesammelt werden sollten. Doch
bleibt der Zweck und die ursprüngliche Aufbewahrungsart (die heutigen
Holzrahmen können neueren Forschungen zufolge erst aus dem 19.
Jahrhundert stammen) bis heute im Dunkeln. Ebenso geheimnisvoll ist die
Frage nach dem Auftraggeber des ungewöhnlichen Kunstwerkes und die
weitere Geschichte des Quadriptychons bis ins 19. Jahrhundert. Erst dann
tauchte es aus unbekannten Umständen im Besitz des Pariser
Kunsthändlers Charles Stein wieder auf, der dem Werk auch seinen Namen verlieh. Über weitere Besitzer gelangte es schließlich nach Baltimore, wo es im Walters Art Museum heute als das Highlight der Sammlung bewahrt wird.
Figurenreiche Szenen vor luftiger Landschaft
All
den geheimnisvollen Umständen zum Trotz zählen die Miniaturen zum
Besten, was die flämische Kunst in ihrem so wichtigen 16. Jahrhundert
hervorgebracht hat. Simon Bening fertigte mit den 64 kleinformatigen
Malereien auf Pergament wahre Meisterwerke der Illuminationskunst. In
einem schwelgerischen Farbenrausch entstehen vor dem Auge des
Betrachters luftige Szenen von großer Intensität. Diese wird vor allem
durch das Mittel der Nahsicht erlangt, die die Personen und das
Geschehen an den vordersten Bildrand rückt.
Jeweils 16 Miniaturen sind in Viererreihen in einem vergoldeten
Holzrahmen vom Format 33,8 x 27 cm angeordnet. Die Geschehnisse aus dem
Leben Christi beginnen auf der ersten Bildtafel mit der Marienlegende
und der Geburt und Kindheit Jesu. Die nächsten 16 Bilder handeln von der
Taufe Christi bis zu seiner Verspottung. Die gesamte Passion bis zu
Christi Tod am Kreuz werden im dritten Diptychon verbildlicht. Die
vierte Bildtafel schließlich behandelt die Ereignisse von der
Kreuzabnahme bis zum Pfingstwunder und beschließt die Rahmenerzählung
der Marienlegende mit deren Tod und der Himmelfahrt Mariens.
In der Tradition der Brügger Schule malte Simon Bening
diese wunderbaren Szenen in bunten Farben, mit liebevoll gestalteten
ikonographischen Details und teilweise sogar mit Goldfarbe betont. Seine
Kunst zeichnet sich vor allem durch die luftig-leichten
Landschaftsdarstellungen aus, mit denen er eine kommende Tradition der
flämischen Malerei vorwegnimmt. Das Stein-Quadriptychon des Simon Bening
kann in seiner unglaublichen Kunstfertigkeit und mit den intensiven
Bildern nur begeistern.