Die Vaticinia Pontificum,
ein Werk Benozzo Gozzolis, gilt als perfektes Werk der italienischen
Buchmalerei. Seine Miniaturen, in denen noch gotische Einflüsse
nachklingen, sind einzigartig in ihrer Eleganz und perspektivischen
Gestaltung. Auch inhaltlich verdient das Werk Beachtung: In 30
Prophzeiungen, die dem Pseudo-Gioacchino da Fiore zugeschrieben werden,
wird das Schicksal des Papsttums und der Kirche vorausgesagt. Zudem
dienten sie dem berühmten Nostradamus als Inspirationsquelle für sein Verlorenes Buch der Weissagungen.
Das Werk ist damit eines der bedeutendsten prophetischen Manuskripte,
die heute erhalten sind. Benozzo Gozzoli, einer der berühmtesten und
gefragtesten Maler des toskanischen Quattrocento, präsentierte die
Prophezeiungen in einer künstlerisch einzigartigen und glänzenden Reihe
von Miniaturen.
Vaticinia Pontificum von Benozzo Gozzoli
Die Vaticinia Pontificum in der malerischen Ausschmückung von Benozzo Gozzoli ist eine faszinierende Handschrift, das
perfekte Werk, sowohl wegen ihrer Schönheit und bemerkenswerten
Qualität als auch wegen der Mysterien und Codes, die zwischen den Seiten
und Bildern versteckt sind. Entstanden in der zweiten Hälfte
des 15. Jahrhunderts in Florenz, wird sie heute in der British Library
in London unter der Signatur Ms. Harley 1340 aufbewahrt. Bei der Vaticinia Pontificum
handelt es sich um eine Sammlung prophetischer Weissagungen das
Papsttum betreffend. In der Form, in der die Sammlung in Ms. Harley 1340
vorliegt und wie sie in den meisten Manuskripten des 15. Jahrhunderts
tradiert wurde, besteht sie aus einer Kombination von zwei prophetischen
Werken: der älteren, auf griechische Vorläufer zurückgehenden Genus nequam-Serie und der späteren, im 14. Jahrhundert entstandenen Ascende calve-Serie
(beide nach ihren entsprechenden Incipits, den ersten Worten des Texts,
benannt). Nach ihrer Zusammenlegung unter dem vollständigen Titel Vaticinia de summis pontificibus
wurde das Werk eine Zeit lang fälschlicherweise dem kalabrischen
Mystiker Gioaccino da Fiore (1135–1202) zugeschrieben. In Ermangelung
eines gesicherten Autors spricht man heute vom Werk des
Pseudo-Gioacchinos.
Quelle von Nostradamus’ Verlorenem Buch
Besondere Bedeutung erlangte die Vaticinia Pontificum in der vorliegenden Ausgabe als Mutter und ikonographischer Ursprung des Werkes von Nostradamus
und besonders seiner erst im Jahr 1994 entdeckten Handschrift „Das
verlorene Buch des Nostradamus“, das 1629, also fast 200 Jahre nach der Vaticinia Pontificum
entstanden ist. Die Handschrift des „verlorenen Buchs“, die von zwei
Journalisten in den Beständen der römischen Nationalbibliothek entdeckt
wurde, enthält 80 Aquarellillustrationen, die größtenteils auf die
Illustrationen der Vaticinia Pontificum zurückgehen. Nicht nur durch diese aufsehenerregende Verbindung zu Nostradamus handelt es sich bei der Vaticinia Pontificum um die bekannteste Handschrift mit prophetischem Inhalt. Sie enthält 30 Prophetien, die das Schicksal des Papsttums und der Kirche betreffen
und denen tatsächlich symbolische Verbindungen zu historischen
Ereignissen in der Vergangenheit des Vatikans sowie zur Gegenwart
nachgesagt werden. Manche vermuten darin auch Hinweise auf die Zukunft
der Menschheit.
Verborgene Hinweise zur Zukunft der Menschheit
Die Ähnlichkeiten, die zwischen den Illustrationen der Vaticinia Pontificum und denen des Verlorenen Buchs der Prophezeiungen des Nostradamus bestehen, legen unzweifelhaft nahe, dass es sich bei letzterem um eine Kopie der älteren Vaticinia, wie sie u. a. in Harley 1304 überliefert wurde, handelt. Die letzten
zehn Prophezeiungen zeugen von dem Vertrauen auf die Ankunft des
nächsten Engelspapstes, eines Heiligen, Befreiers und Charismatikers,
der sich von seinen Vorgängern durch moralische Integrität und hohe
Geistlichkeit abhebt und eine Ära der grundlegenden Erneuerung der
Kirche einleitet. Man könnte diese Figur gut mit dem Heiligen
Papst Johannes Paul II. in Verbindung bringen oder sogar mit dem
derzeitigen Papst Franziskus I. Die Miniatur, die sich auf
diese Prophezeiung bezieht, befindet sich auf Folio 13v: Sie zeigt den
Papst als nackten Menschen. In diesem symbolischen Bild drückt sich eine
einzigartige Preisung des Geistes der Demut aus, der von einem
Engelspapst verkörpert werden soll, der sich all seines Besitzes und der
zeitlichen Macht entledigt hat, mit der Überzeugung, dass das Papsttum
nur durch Armut und die Entsagung aller weltlichen Güter erneuert werden
kann.
Benozzo Gozzoli, ein Genie der Universalmalerei, illustrierte die mysteriöse Handschrift
Die Vaticinia Pontificum
in Ms. Harley 1304 wurde von Benozzo Gozzoli, einem Meister der
Universalmalerei, illustriert. Gozzoli ist u. a. als Schöpfer des
Freskos Der Zug der Heiligen Drei Könige bekannt, das von Piero
di Cosimo in Auftrag gegeben wurde und Lorenzo de’ Medici, genannt il
Magnifico („der Prächtige“), auf einem Pferd als einen der Heiligen
Könige darstellt. Das Werk befindet sich in der Dreikönigskapelle des
Medici-Palastes in Florenz. Benozzo Gozzoli war einer der
berühmtesten und gefragtesten Künstler der toskanischen Frührenaissance,
des sogenannten Quattrocento. Ihm werden ca. 100 malerische
Werke zugeschrieben, die er im Laufe seines langen Lebens geschaffen
hat. Einerseits ein produktiver Künstler der Tafelmalerei sind auch
viele Altarretabel, Polyptychons und Altäre aus seinem Studio erhalten;
besonders in der Wand- und Freskenmalerei übertraf Gozzoli jedoch alle.
In seinen Werken ist neben anhaltenden gotischen Einflüssen der Einfluss seines Meisters Fra Angelico
klar zu erkennen, besonders in der Leuchtkraft und Intensität der
Farben oder in der weichen Zeichnung der Gesichter. Heute befinden sich
seine Werke in den wichtigsten Museen der Welt: Louvre, The National
Gallery, The Metropolitan Museum in New York, der Vatikan und andere.