Als am 3. September 1864 ein Schuppen im schwedischen Heleneborg durch
die Sprengkraft von 300 Pfund Nitroglyzerin in die Luft flog und fünf
Menschen tötete, wurde Alfred Bernhard Nobel nur leicht verletzt. Der
unermüdliche Tüftler ließ dennoch nicht ab von seinen Versuchen mit dem
gefährlichen Stoff. Er sollte es in seinem Forscherleben auf 355 Patente
bringen, darunter die Mischung von Dynamit.
Alfred Nobel verstand es aber auch, seine Erfindungen kommerziell zu nutzen.
Bereits
1873 hatte Nobel ein Netzwerk aus 17 Fabriken in verschiedenen Ländern
aufgebaut, das zu einem internationalen Weltimperium wuchs. Neben dem
Geschäft mit Sprengstoff - was den Bau von Eisenbahnen und Straßen,
Häfen und Kanälen, Tunnels und Bergwerken erst ermöglichte - engagierte
sich die Familie Nobel ebenso in der Erdölindustrie. Als Alfred Nobel im
November 1895 sein Testament niederschrieb, vermachte er zum Leidwesen
der Verwandtschaft den größten Teil des Vermögens einem zu gründenden
Fond, dessen Zinsen "jährlich als Preisbelohnung an diejenigen verteilt
werden sollen, die im abgelaufenen Jahr der Menschheit den größten
Nutzen erwiesen haben" - so der Wortlaut des Testaments. Dass die
Stiftung einen Preis für die "Vorkämpfer des Friedens" vorsah, mag auch
am schlechten Gewissen Nobels gelegen haben. Vorwürfe, seine Erfindungen
hätten auch Tod und Elend unter die Menschen gebracht, hatten ihn tief
getroffen.
Alfred Nobel starb am 10. Dezember 1896 im Alter von
63 Jahren; die Abwicklung des Nachlasses entpuppte sich als schwierige
Aufgabe. Erst 1901 war es so weit, dass die ersten Nobelpreise in
Physik, Chemie, Medizin, Literatur und der Friedensnobelpreis vergeben
wurden.
Wenn im Oktober 2001 erneut die Nobelpreise in den
genannten Disziplinen sowie für Wirtschaft vergeben werden, kann die
Nobelstiftung auf eine hundertjährige Geschichte zurückblicken. Der
Nobelpreis ist die renommierteste und wichtigste aller Auszeichnungen in
Wissenschaft und Gesellschaft. Kein anderer Preis genießt ein
vergleichbares Renommee.
Der 1056 Seiten starke Band aus dem
Verlag F. A. Brockhaus in Mannheim dokumentiert nicht nur Leben und Werk
des Alfred Nobel und die Entstehung der Nobelstiftung. Er skizziert
auch die Auswahl und Verleihung des Preises. Ein Kapitel etwa beschreibt
am Beispiel des Physik-Nobelpreisträgers von 1985, Klaus von Klitzing,
wie der Preis sich auf den Alltag eines Forschers auswirkt. Demnach
dürfen sich deutsche Preisträger über eine neue Laborausstattung von der
Landesregierung freuen.
Den Großteil des Buches "Nobelpreise"
bestimmen die vielen Preisträger. Jeder Persönlichkeit ist eine
Doppelseite gewidmet, auf der neben biografischen Fakten deren
wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Einfluss beschrieben sind.
Wussten Sie noch, dass Hermann Hesse den Literatur-Nobelpreis 1946 für
die Schweiz entgegennahm, da er 1912 nach Bern übersiedelte? Oder dass
zu den ersten Nobelpreisträgern im Jahre 1901 der Mediziner Emil Adolf
von Behring gehörte, der den Preis für seinen Impfstoff gegen die
Diphtherie? Den ersten Nobelpreis für Physik bekam Wilhelm Conrad
Röntgen, der elektromagnetischen Wellen auf die Schliche gekommen war,
mit denen die Ärzte heute noch Knochenbrüche diagnostizieren.
Es ist
faszinierend, das Foto von Röntgens Labor in Würzburg oder die erste
Aufnahme mit den Knochen der Hand von Röntgens Ehefrau aus dem Jahre
1895 zu betrachten. Kurios: In der ersten Begeisterung für die neue
Erfindung wurde sogar vorgeschlagen, Bärte, anstatt sie zu rasieren, den
Röntgenstrahlen auszusetzen - die damals verabreichten hohen Dosen
verursachten Hautrötung und Haarausfall.
Das Buch liest sich wie
ein Wissenschaftskrimi. Der Band "Nobelpreise" bietet neben der
spannenden Geschichte über die Entwicklung der Wissenschaften im letzten
Jahrhundert auch eine gesellschaftspolitische Einordnung. In knappen,
akkuraten Texten und anhand erklärender Illustrationen wird
Zeitgeschichte lebendig. Und trotz der Konzentriertheit der Texte finden
sich viele skurrile, wissenswerte Details rund um die Nobelpreisträger
und deren Erfindungen. So ist der Band "Nobelpreise" effektives
Nachschlagewerk und spannende Lektüre zugleich.
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